Nach dem ersten Teil des Interviews zur Entwicklung der Theorie und Praxis der amtlichen Bauaufsicht auf den Balearen, spricht für MALLORCA●INDUSTRIES Stefan Greim mit dem mallorquinischen Fachanwalt Juan Cerdó Morell im heutigen zweiten Teil: die Struktur der Vorschriften, wer auf dem Land welche Zuständigkeiten hat, welche Gefahren wirklich real sind, auf welche Genehmigungen und Angaben man sich nicht einfach verlassen kann und mehr …
Juan Cerdó Morell, machen wir nach dem ersten Teil nun einen Schritt zurück und sehen wir bitte die grundlegende Bauvorschriften des Bauens auf der Insel an.
Gern. Die grundlegende Vorschrift ist der Territorialplan von Mallorca, der Plan Territorial de Mallorca PTM, welcher auf die ganze Insel – Stadt wie Land – anwendbar ist. Diese Vorschrift stellt eine Mindestanforderung dar – dergestalt, dass alle Rathäuser sie respektieren müssen. Zusätzlich zu den Mindestanforderungen, die wir hier finden, können die Gemeinden, durch die kommunalen städtebaulichen Pläne weitergehende Beschränkungen festlegen.

Zum Beispiel legt der PTM fest, dass die bebaubare Mindestparzelle auf ländlichem Boden in Mallorca 14.000 Quadratmeter beträgt. Nichtsdestotrotz kann jede Gemeinde bebaubare Mindestparzellen mit größerer Fläche festlegen, wenn sie es für nötig erachtet.
Von wem werden die Baugenehmigungen konkret ausgestellt?
Es sind es immer die Gemeinden bzw. Rathäuser, welche die städtebaulichen Verfahren bearbeiten, die Berichte anderer autonomer und/oder staatlicher Verwaltungen einholen, wie es die Norm in jedem konkreten Fall vorschreibt, und schließlich die Baugenehmigungen erteilen.
Im ländlichen Bereich ist der Ablauf ein ganz eigener?
Im ländlichen Bereich ist der Ablauf wie folgt: Der Bauträger reicht beim Rathaus den Antrag auf eine Baugenehmigung ein, das Rathaus eröffnet das Verfahren und leitet das Projekt an den Inselrat von Mallorca weiter, damit ein Bericht über die Einhaltung der Inselvorschrift, also des erwähnten Territorialplans PTM eingeholt wird. Nachdem der Bericht des Inselrats eingegangen ist und dieser positiv ausgefallen ist, prüfen die Techniker der Gemeinde, ob das Projekt die kommunale Norm erfüllt – die in jeder Gemeinde unterschiedlich ist, wobei stets die Mindestanforderungen für jede Balearen-Insel einzuhalten sind.
„Ein Grundstück mit einer vom Rathaus ausgestellten Genehmigung besitzt keineswegs eine ‚Freibrief-Lizenz’“
Ich kenne das aus der Praxis. Besonders bei Anpassungen vergehen stets weitereMonate. Hier zeigt sich also die bekannte spanische Bürokratie, die nur der nicht kennt, der hier lediglich als Tourist weilt. Wir reden auf dem Land also von Jahren. Und wer es eilig hat, kauft ein Landgrundstück mit bestehender Baugenehmigung?
Das ist wirklich gefährlich, denn entgegen dem naheliegenden Anschein ist es keineswegs so, dass ein Grundstück, das über eine vom Rathaus ausgestellte Genehmigung verfügt, eine „Freibrief-Lizenz“ besitzt.
Bevor man ein Immobilienobjekt erwirbt, und auch wenn eine vom zuständigen Rathaus ausgestellte Genehmigung existiert, ist es unabdingbar, eine gründliche Due Diligence durchzuführen, um zu prüfen, ob die ausgestellte Genehmigung rechtskonform ist einschließlich ihrer Daten und Fristen.
Das ist keinesfalls eine theoretische Gefahr?
Nein. Ich erinnere mich an einen sehr bekannten Fall auf Mallorca: Einige schwedische Investoren kauften ein Grundstück in der Sierra de Tramuntana, genauer gesagt in der Sierra de Alfabia. Wir sprechen von einem Grundstück mit etwa 400 Hektar, für das eine erhebliche Summe gezahlt wurde. Die damaligen Eigentümer hatten eine Genehmigung vom Rathaus von Bunyola erhalten, um ein Objekt an einem idyllischen Ort zu bauen. Die Investoren – im Vertrauen auf den Anschein von Legalität, den selbstverständlich die Existenz einer gültigen Lizenz erzeugt – erwarben das Grundstück.

Umso größer war die Überraschung, als am ersten Tag des Beginns der Bauarbeiten diese gestoppt wurden, weil die Lizenz vom Rathaus erteilt worden war, ohne zuvor einen obligatorischen Bericht eingeholt zu haben, was die Nichtigkeit der Lizenz zur Folge hatte. Die Enttäuschung der Investoren können Sie sich vorstellen.
Und das Rathaus in Regress nehmen? Hier gibt es doch teils prominente Fälle?
In der Tat wurden die Verwaltungen der Balearen in den letzten Jahrzehnten mehr als einmal von den Gerichten verurteilt und waren gezwungen, Millionen an Entschädigungen an Bauunternehmer zu zahlen, weil sie sich in städtebaulichen Fragen schuldig gemacht hatten. Meist handelte es sich um Fälle, in denen die Erteilung von Genehmigungen mit der Begründung widerrufen wird, dass eben diese Genehmigung nichtig ist, was gegen den Grundsatz des Vertrauens der Bürger in die Verwaltung verstößt.
Auch wenn es für den Kunden positiv ist, die investierten Beträge zurückzuerhalten, geschieht dies erst nach Jahren und nachdem die Pläne und Investitionen vereitelt wurden.
„Diese beiden haben ein klares Interesse, dass der Verkauf in der kürzest möglichen Zeit abgeschlossen wird.“
Sich bei einem Kauf einfach auf die vorgelegten Angaben des Verkäufers zur Bebaubarkeit zu verlassen, kann also gefährlich sein. Was tun, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden?
Ich halte es für unabdingbar, Beratung in Anspruch zu nehmen, und zwar unabhängig davon, ob man als Käufer spanischer oder ausländischer Nationalität ist.
Dass die von den Verkäufern und/oder Immobilienmaklern gegebenen Informationen immer und vollständig überprüft werden müssen, ist offenkundig. Erstens, weil diese beiden ein klares Interesse daran haben, dass der Verkauf in der kürzest möglichen Zeit abgeschlossen wird. Und zweitens können beide auch eine Legalität des Kaufobjektes annehmen, die jedoch mit der Realität nicht übereinstimmt. Es kommt nicht selten vor, dass Immobilienmakler, in gutem Glauben handelnd, Objekte auf dem Markt als legal bewerben, obwohl diese sich offensichtlich in einem extralegalen Zustand befinden. Leider stoßen wir weiterhin auf Kunden, die die Beratung erst dann beauftragen, wenn die Wunde bereits geschlagen ist und das Blut in Strömen fließt.

Und das gilt nicht nur für Baugenehmigungen, sondern, wie wir schon angesprochen hatten, auch für bestehende Bauten?
Ja, das bemerkenswerteste Beispiel sind Bauten, die zwar ordnungsgemäß im Grundbuch eingetragen sind und über eine gültige Bewohnbarkeitsbescheinigung verfügen! Jedoch ist dies wie schon erwähnt entgegen einem weitverbreiteten Irrglauben keinerlei Garantie für tatsächliche Legalität, weshalb man immer auf die Gemeindeakten zurückgreifen muss, um die Übereinstimmung der bestehenden Bauwerke mit den den von der Verwaltung ausgestelltenGenehmigungen zu überprüfen.
Ende des zweiten Teils des Interviews. Teil III folgt in Kürze auf MALLORCA●INDUSTRIES.
Juan Cerdó Morell ist Anwalt der Kanzlei Clar & Galmés Abogados in Palma de Mallorca und spezialisiert auf mallorquinisches Baurecht.
Stefan Greim stammt aus dem Rheinland, lebt seit 1996 auf Mallorca und arbeitet seitdem in der Baubranche, spezialisiert auf das Projektmanagement.
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