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Recht und Aufsicht – Tretminen beim Immobilienkauf auf den Balearen (I):

Trau Bau wem!

Andere Länder, andere Sitten – das gilt nicht zuletzt im Immobiliengeschäft, und gerade dort können die Konsequenzen erheblich sein, nicht zuletzt finanziell. Auch auf den Balearen lauern Fallstricke, die man kennen sollte. Über einige Aspekte des vielschichtigen Komplexes spricht für MALLORCAINDUSTRIES Stefan Greim mit dem mallorquinischen Fachanwalt Juan Cerdó Morell: Heute Teil I eines dreiteiligen Interviews: über die Genese einer Bauaufsicht, über früher laxe und heute strenge Ämter, wie alte Rechtsunsicherheit neuer gewichen ist, die sich sogar auf den Altbestand erstrecken und damit die Käufer von heute erfassen kann – und warum Schweigen nicht immer Genehmigung heißt.

Juan Cerdó Morell, zunächst ganz grundsätzlich: Im Vergleich zu den 90er und auch den ersten Jahren dieses Jahrhunderts sind die mallorquinischen Behörden in Sachen Bauaufsicht deutlich formaler, pingeliger und buchstabentreuer dem Gesetz gegenüber geworden, richtig?

Natürlich. Wie überall ist auch hier die politische und anschließend gesetzliche Antwort das Ergebnis einer vorhergehenden gesellschaftlichen Entwicklung. Im Fall von Mallorca beginnt diese sich Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre zu zeigen, deren Auslöser die beschleunigte und ohne administrative Kontrolle durchgeführte Bebauung der Mittelmeerküsten in jenen Jahrzehnten war.

Juan Cerdó Morell (li.), Clar & Galmés Abogados, und Stefan Greim.

Wie lief das ab?

Hier gab es diverse Meilensteine, wie die Gründung der GOB, der Balearischen Gruppe für Ornithologie und Naturschutz, oder Demonstrationen und/oder Mobilisierungen der lokalen Bevölkerung zum Schutz natürlicher Räume – wie es am 7. Juni 1977 geschah, um ein städtebauliches Projekt auf der Insel Dragonera zu stoppen. Extreme sind niemals positiv, dennoch zwingt uns das bauliche und architektonische Bild, das wir aus jenen Jahren geerbt haben und das bis heute in den Küstenzonen der Insel fortbesteht, zu akzeptieren, dass dies eine notwendige Reaktion war.

Ein ständiger und inkohärenter Wechsel der Vorschriften, losgelöst von der sozialen und städtebaulichen Realität.“

Auf den Unmut der Menschen folgten irgendwann Rechtsnormen?

Ja. Doch um die erste Norm des modernen Städtebaurechts zu finden, müssen wir auf das Jahr 1956 zurückgehen, in dem das erste staatliche Bodengesetz erlassen wurde. Von diesem Zeitpunkt an erforderte jede Bebauung eine kommunale Genehmigung, um legal zu bauen. Seitdem sind wir Zeugen dessen, was man als mangelhafte gesetzgeberische Motorisierung bezeichnet – übersetzt in einen ständigen und inkohärenten Wechsel der anwendbaren Vorschriften, losgelöst von der jeweiligen sozialen und städtebaulichen Realität.

Die erste Norm stammte also aus dem Jahr 1956, der Unmut der Bevölkerung manifestierte sich in den 70er Jahren, aber es dauerte bis in die 1990er-Jahre und später, bis die Verwaltung eine strengere Haltung einnimmt – die aber ebenfalls inkohärent ist?

So ist es. Ab Anfang der 1990er-Jahre weitet sich das gesellschaftliche Bewusstsein, das sich zunächst auf die Küsten und Gebiete mit kulturellem Wert fokussiert hatte, auf das restliche Territorium der Insel aus.

Immer gefragt: die Erste Linie, hier Blick von Cas Català nach Calanova und Cala Mayor.

Das eigentliche Problem ist aber die bestehende Rechtsunsicherheit. Diese lässt die lokalen Behörden bei der Einhaltung der Vorschriften nicht nur rein formalistisch vorgehen, sondern diese in gewisser Weise zuweilen willkürlich auslegen.

Das klingt nicht gut.

Das heißt für uns Fachleute, dass wir nicht nur ein genaues Wissen über die anwendbaren Normen benötigen, sondern außerdem den direkten Kontakt zu den Technikern der Gemeinden, der Inselräte und anderen Beamten haben müssen, die die Unterschrift auf die Genehmigungsdokumente setzen müssen.

Derartige Bauten sind damit formal illegale Bauten.“

Die wilden Zeiten sind also vorbei – und offenbar irgendwie von neuen wilden Zeiten abgelöst worden, heute eher von der Verwaltung ausgehend. Die Folgen können erheblich sein. Ich kenne es zu genüge, dass bei Neuabnahmen die Beamten mit dem Zollstock äußert pingelig nachmessen. Aber auch im Altbestand kann es Probleme geben?

Angesichts dieser Situation kommt es zu absurden Situationen, wie z.B. bei Bauten, die in den sechziger Jahren ohne städtebauliche Genehmigung errichtet wurden – eine damals gängige und gesellschaftlich akzeptierte Praxis, die von der Verwaltung stillschweigend, wenn auch nicht rechtlich, geduldet wurde. Und derartige Bauten sind damit formal illegale Bauten. Wenn der Eigentümer dann heute in Unkenntnis der Vorschriften bestimmte Arbeiten an solch einem Bauwerk vornimmt, könnte er sogar der Verwaltung den Anlass bieten, den gesamten Bau abzureißen.

Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.“

Ein weiteres sehr häufiges Beispiel ist der Irrglaube, dass ein Haus legal sei, weil es über die stets nötige „Bewohnbarkeitsbescheinigung“, die sog. Cedula de Habitabilidad verfügt. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Nicht wenige Eigentümer mussten von ihren Beratern erfahren, dass die vor Jahren gekaufte Immobilie faktisch ein illegaler Bau ist.

Umso wichtiger, schon beim Grundstückskauf die Augen in Sachen Baugenehmigung offen zu halten, schließlich geht es meist um ordentliche Summen. Werden wir hier nun konkreter; ein Thema: Die Dauer bis zur Erteilung der Baugenehmigung, der Licencia de Obra. Hier gibt es sichtliche regionale Unterschiede auf der Insel, und wir reden hier teils von Jahren!

Das ist korrekt. Wichtig ist hier der Grundsatz, dass die Verwaltung, die die Ausführung der Bauarbeiten genehmigt, immer die kommunale ist. Daher wird es davon abhängen, welche personellen Ressourcen die jeweilige Gemeinde dem Stadtplanungs- und Rechtsamt zuweist.

Entsprechend könnten die Unterschiede sein.

Ja, ein Beispiel: In der Gemeinde Llucmajor kann man durchaus mit Wartezeiten von zwei Jahren konfrontiert sein, im Gegensatz zu den schnelleren Gemeinden Algaida oder Sencelles, wo sie ungefähr ein Jahr beträgt.

Stefan Greim (li.) und Juan Cerdó Morell, Clar & Galmés Abogados.

Außerdem bitte beachten, dass – je nach Einzelfall der Genehmigung und in Abhängigkeit von den zu genehmigenden Arbeiten – zusätzliche und ergänzende Berichte und/oder Genehmigungen von anderen Verwaltungen erforderlich sein können, wie z. B. vom Consell de Mallorca, des Inselrates, bei Bauten auf ländlichem Boden oder Genehmigungen für Wasserressourcen usw.

Aber es gibt auch die Regelung des „Verwaltungsschweigens“, des sog. „Silicencio administrativo“?

Das Verwaltungsschweigen wirkt ausschließlich bei kleineren Bauarbeiten, nicht jedoch bei größeren, die in jedem Fall einer städtebaulichen Genehmigung bedürfen.

Ende des ersten Teils des Interviews. Teil II folgt in Kürze auf MALLORCAINDUSTRIES.

Juan Cerdó Morell ist Anwalt der Kanzlei Clar & Galmés Abogados in Palma de Mallorca und spezialisiert auf mallorquinisches Baurecht.

Stefan Greim stammt aus dem Rheinland, lebt seit 1996 auf Mallorca und arbeitet seitdem in der Baubranche, spezialisiert auf das Projektmanagement.

 

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